Moritz Bleibtreu stellt am Zurich Film Festival seinen neuen Film vor

Medienkonferenz zu “Nur Gott kann mich richten”

Sonntag, 01. Oktober 2017

In Anwesenheit von: Özgür Yildirim, Moritz Bleibtreu, Birgit Minichmayr, Edin Hasanovic

Der Gangsterfilm „Nur Gott kann mich richten“ zeigt das Leben im Frankfurter Drogenmilieu. Moritz Bleibtreu spielt Ricky, einen Mann, der frisch aus dem Gefängnis entlassen wird, um dann erneut in einen Raubüberfall verwickelt zu werden. „Nur Gott kann mich richten“ ist ein düsterer, schwerer Film ohne Kitsch und Klischees. Yildirim zeigt die Brutalität der Strasse mit urbanen, stylischen Kameraeinstellungen. Der Soundtrack, der vor allem aus deutschem Gangsterrap besteht, untermalt das pulsierende Leben im urbanen Frankfurt.

Laut Regisseur Özgür Yildirim war das Budget für den Film relativ klein und bewegte sich im „einstelligen Millionenbereich“ – daraus entstanden ist ein packendes Independent Filmdrama.

Auf seine Funktion als Produzent angesprochen, sagte Bleibtreu, dass er sich früher nie wünschte zu produzieren und dass er mehr in die Rolle reingewachsen sei. Für ihn heisse Produktion, einem Regisseur zu helfen, einen tollen Film zu realisieren.

Yildirim, der auch das Drehbuch geschrieben hat, hatte bereits im Alter von 11 Jahren angefangen, Geschichten zu schreiben. Mit 14 veröffentlichte er, mit der Unterstützung seines Vaters, sein erstes Buch.

Laut Bleibtreu und Yildirim hat die erneute Zusammenarbeit für „Nur Gott kann mich richten“ unglaublich Spass gemacht und war „richtig geil“. Die beiden drehten bereits in der Vergangenheit einen Gangsterfilm, „Chiko“, der jedoch in Hamburg spielte. Die Idee, „Nur Gott kann mich richten“ in Frankfurt zu drehen, war von Bleibtreu selbst, da Frankfurt die „einzige Metropole“ in Deutschland sei, die Skyline mit Wolkenkratzern hat.

“Nur Gott kann mich richten” –  das Gangsterdrama feiert Weltpremiere

Unser Interview mit dem deutschen Schauspieler Moritz Bleibtreu am Greencarpet des Zurich Film Festivals

 

Werdegang

Moritz Johann Bleibtreu erblickte am 13. August 1971 in München das Licht der Welt und wuchs im Hamburger Stadtteil St. Georg auf. Geboren als Kind einer österreichischen Schauspielerdynastie, war Bleibtreu prädestiniert, eines Tages selbst Schauspieler zu werden. Seine Mutter Monica, die 2009 an Lungenkrebs starb und zu der er ein sehr enges Verhältnis hatte, war eine renommierte Theater- und Filmschauspielerin. Der Stammbaum mütterlicherseits geht weit zurück; bereits Bleibtreus Gross- und Urgrosseltern waren erfolgreiche Wiener Bühnenschauspieler und Schriftsteller. Sein Vater Hans Brenner, der ebenfalls bekannter österreichischer Schauspieler war, verliess die Familie ein Jahr nach seiner Geburt. Die Versöhnung erfolgte erst am Sterbebett.

Eine chaotische, manchmal harte Kindheit und Jugend im Hamburger Problemviertel St. Georg prägten den jungen das Leben des jungen Moritz Bleibtreu, der oft, da er der einzige Deutsche war, eins auf die Nase bekam. Doch die multikulturelle Umgebung hatte auch ihre guten Seiten. Schon früh hatte er Freunde verschiedenster Herkunft, was ihm auch später als Schauspieler helfen sollte. Seinem mediterranen Aussehen hat er es wohl auch zu verdanken, dass er des Öfteren Griechen, Türken, Italiener und sogar Usbeken spielte.

Nach dem Realschulabschluss brach er die Schule nach der 11. Klasse ab. Danach arbeitete er als Au-Pair in Paris, dann ging es nach Italien und schliesslich in den Big Apple, wo er zum Schauspieler ausgebildet wurde. Zurück in Deutschland fing Bleibtreu im Alter von 21 Jahren am Hamburger Schauspielhaus an. Doch lange hielt es ihn nicht beim Theater, mit dem er durch die Arbeit seiner Mutter aufgewachsen ist. Es folgten kleinere Fernseh- und Filmproduktionen, bis dann Ende der 1990er-Jahre der Durchbruch als Filmschauspieler kam. Danach war Bleibtreu fast 20 Jahre nicht mehr im Fernsehen zu sehen; er etablierte sich in dieser Zeit zu einem der wandlungsfähigsten Charakterdarsteller seiner Generation.

Moritz Bleibtreu: seine besten Filme im Überblick

Es gibt wohl kaum eine Rolle, die er nicht spielen könnte. Moritz Bleibtreus Repertoire zeugt von unglaublicher Vielseitigkeit und Tiefgang. Egal ob als RAF-Terrorist oder als kiffender Pizzabote und Hobbyphilosoph – bisher  verlieh er jedem seiner Charaktere eine eigene Note.

Im folgenden Überblick findet sich eine Auswahl der besten Filme im jeweiligen Genre.

Komödien

Platz 1: Lammbock (2001)

Die beiden Freunde Kai (Moritz Bleibtreu) und Stefan (Lukas Gregorowicz) sind leidenschaftliche Kiffer, die unter dem Deckmantel eines Pizzalieferdienstes in grossem Stil Gras verkaufen. Diese Ausgangslage spricht wohl für sich. Die Fortsetzung Lommbock (2017) feierte kürzlich erst Premiere.

 

Platz 2: Soul Kitchen (2009)

Dieser Film von Fatih Akin ist eine Liebeserklärung an dessen Heimatstadt Hamburg. Alles dreht sich um ein von der Schliessung bedrohtes Restaurant  namens Soul Kitchen. Bleibtreu spielt einen kleinkriminellen Griechen mit grosser Klappe.

 

Platz 3: Nicht mein Tag (2014)

Ein biederer Bankangestellter (Axel Stein) freundet sich mit seinem Kidnapper, Nappo (Bleibtreu), an. Kleiner Spoiler: Am Ende wird alles gut. Kurzweilige, derbe Komödie.

Dramen

Platz 1: Elementarteilchen (2006)

Eine Buchverfilmung des gleichnamigen Houellebecq-Bestsellers, der das Leben zweier ungleicher Halbbrüder zeigt. Bleibtreu spielt darin den sexuell frustrierten, rassistischen Literaturlehrer, der sich freiwillig in eine Klinik einweisen lässt. Eine starke Regie und eindrückliche schauspielerische Leistungen erwecken diese Buchverfilmung zum Leben.

 

Platz 2: Agnes und seine Brüder (2004)

Tiefschürfendes Familiendrama, welches das Leben der transsexuellen Agnes und ihrer Brüder Hans-Jörg (Bleibtreu), einem sexbesessenen Bibliothekar, und Werner, einem ehrgeizigen Politiker, zeigt.

 

Platz 3: Mein bester Feind (2011)

Der Jude Viktor Kaufmann (Bleibtreu) tauscht mit seinem ehemaligen Kindheitsfreund, einem Deutschen, die Identität. Er gibt sich als Nazi aus, um den Holocaust zu überleben.

Historische Filme

Platz 1: Der Baader-Meinhof-Komplex (2008)

Eine der wohl stärksten Leinwandleistungen von Moritz Bleibtreu. Er spielt darin RAF Terrorist Andreas Bader, der in den 70er-Jahren Deutschland in Angst und Schrecken versetzte.

 

Platz 2: Jud Süss – Film ohne Gewissen (2010)

Eine weitere Glanzleistung: Bleibtreu spielt den Reichspropagandaleiter und Handlanger von Hitler, Joseph Goebbels, der den Film „Jud Süss“ in Auftrag gab.

 

Platz 3: Quellen des Lebens (2013)

Ein Familienepos von Oskar Roehler. Bleibtreu spielt darin den Sohn eines Gartenzwergfabrikanten. Die Handlung spannt sich von Kriegsende die Zeit des Wirtschaftswunders bis zum Ende der 80er-Jahre. Eindrückliches, starkes Drama.

Action/Gangsterfilme

Platz 1: Lola rennt (1998)

Kultfilm der 90er: Dreimal wird die gleiche Zeitspanne (je 20 Minuten) gezeigt und jedes Mal muss Lola versuchen, ihrem Freund Manni (Bleibtreu) aus der Patsche zu helfen. Diesen Film muss man einfach gesehen haben.

 

Platz 2: Knockin’ on Heaven’s Door (1997)

Eigentlich nicht in erster Linie ein Gangsterfilm, sondern ein Drama, das die Geschichte zweier Krebspatienten à la „The Bucket List“ (2007) erzählt. Bleibtreu spielt aber einen dümmlichen Möchtegerngangster namens Abdul, der Witze nicht kapiert und sich gerne als Macho gibt. Zum Totlachen.

 

Platz 3: Chiko (2008)

Ein im Hamburger Drogenmilieu angesiedelter Film. Bleibtreu brilliert als skrupelloser Musikproduzent und Drogenboss Brownie, der dem jungen Chiko das grosse Geld verspricht.

Thriller

Platz 1: Die dunkle Seite des Mondes (2015)

Verfilmung des gleichnamigen Bestellers von Martin Suter. Wirtschaftsanwalt Urs Blank (Moritz Bleibtreu) wird nach einem Pilztrip vom braven Bürger zum unberechenbaren Monster. Gute Umsetzung der literarischen Vorlage.

 

Platz 2: Das Experiment (2001)

Wenn ein Experiment aus dem Ruder läuft – ein unschuldiger Teilnehmer eines Gefängnisexperiments (Bleibtreu) wird Zeuge, wie die Situation in eine Gewaltorgie ausartet. Düsterer, packender Thriller, der zeigt, wie zart unsere Schicht Zivilisation ist.

 

Platz 3: Stereo (2014)

Ein für deutsche Verhältnisse unüblich krasser Thriller, der die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verfliessen lässt. Bleibtreu spielt darin einen geheimnisvollen Unbekannten namens Henry. Der Film ist vielseitig interpretierbar.

Romantische Komödien

Platz 1: Vom Suchen und Finden der Liebe (2005)

Eine romantische Adaption der griechischen Orpheussage. Zwei unsterblich Verliebte, die sich zerstreiten. Und Harald Schmidt, Anke Engelke und Uwe Ochsenknecht sorgen auch noch für ein paar Lacher.

 

Platz 2: Vijay und ich – Meine Frau geht fremd mit mir (2013)

Ein erfolgloser Schauspieler (Bleibtreu) täuscht seinen eigenen Tod vor, um sich erneut in seine Frau zu verlieben. Er mimt dabei einen Inder und wirkt erstaunlich authentisch. Ein bizarrer Film, aber lustig.

 

Platz 3: Stadtgespräch (1995)

Herrliche 90er-Komödie mit  einer jungen Katja Riemann als  Expertin für Liebessachen und einem noch jüngeren Bleibtreu, der einen leicht dümmlichen und fitnessbesessenen Schwulen spielt.