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So wird schmackhaftes im runden Teller zum Augenschmaus-Kochvideo im quadratischen Format

Bildquelle: instagram.com/buzzfeedtasty

Instagram- und Facebook-Nutzer sind sicherlich schon einmal dem einten oder anderen «Kochvideo» begegnet. Dabei wird in Zeitraffer-Geschwindigkeit die Zubereitung eines Gerichts gezeigt. Da Facebook und Instagram vor allem für den «Schnell-Konsum»- von Benutzer-Inhalten ausgerichtet sind, könnte man meinen, dass es sich bei den Machern von Kochvideos um Enthusiasten handelt, die zwischendurch schnell und spontan mit dem Smartphone ein Video von der Zubereitung des eigenen Lieblingsgerichts aufgenommen haben. Von wegen! Hinter den appetitanregenden, lässigen Kochvideos stehen nicht selten professionelles Equipment und überlegte Vorbereitung. Ein «Making of…»-Foto des Medienunternehmens BuzzFeed zeigt, was alles hinter den Kulissen  eines Kochvideos passiert:

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Auf dem Foto ist zu sehen, wie Marcel Vigneron, Chefkoch und «Managing Partner» der Restaurants Wolf und Beefsteak in Los Angeles, ein «Mushroom Risotto» für BuzzFeed’s Tasty Rubrik zubereitet.

Man sieht, dass das Video professionell ausgeleuchtet wurde. In der oberen Mitte des Bildes sieht man das Objektiv einer (sehr wahrscheinlich) professionellen digitalen Spiegelreflex Kamera (DSLR), die das Gericht von oben filmt. Wenn wir unseren Blick entlang des Stativs weiter nach unten bewegen, sehen wir ein weisses Oval, das einem Ventilator sehr gleicht. Dies könnte dazu dienen, den Dampf, der vom Gericht aufsteigt, auf die Seite zu blasen, da sonst das Objektiv mit Dampf anlaufen würde und man im Video nichts sehen würde. Wenn wir unseren Blick nach rechts vom weissen Oval bewegen, sehen wir einen Monitor, der dazu dient, das Bild, das gerade aufgenommen wird, dem Produktionsteam zugänglich zu machen. Man sieht im Bild den Kochtopf und an den Seiten des Monitors zwei schwarze Streifen. Diese dienen der Eingrenzung der quadratischen Bildfläche. Auf diese Weise kann man schon während des Drehs sicherstellen, dass sich die relevanten Bildinhalte in der quadratischen Mitte befinden. In der Nachbearbeitungsphase (Postproduktion) würde man das im Breitbild-Original aufgenommene Video auf ein quadratisches Seitenverhältnis zuschneiden und z.B. auf Facebook veröffentlichen:

Doch eigentlich unterstützt Instagram auch 16:9-Breitbild-Videos. Wenn man also schon mit professionellem Equipment ein 16:9-Video dreht, wieso dann noch das Video quadratisch zuschneiden? Inhalte auf Facebook und Instagram werden oft kurz und schnell, unterwegs auf das Handy konsumiert. Instagram ist sogar auch eine Plattform, die vor allem für die Nutzung auf mobilen Geräten ausgerichtet ist. Man kann sich zwar auch mit einem Laptop oder Desktop-Computer via Browser auf Instagram einloggen, doch das Hochladen von Fotos und Videos funktioniert nur mittels mobilen Geräten. Mobile Geräte werden unterwegs oft in der vertikalen Position genutzt. Jeder der schon mal auf diese Art und Weise Videos oder Fotos angeschaut hat weiss, dass in der vertikalen Position von einem quadratischen Bild, sei es ein Foto oder ein Video, viel mehr zu sehen ist, als von einem Breitbild-Foto oder -Video.
Wenn man im Zeitalter des schnellen Mobile-Konsums Inhalte Aufmerksamkeit verschaffen möchte, ist man auf der sicheren Seite, wenn sich der Inhalt auch in einem quadratischen Seitenverhältnis präsentieren lässt. Die quadratische Mitte ist also die «Safe-Area» was die Sichtbarkeit von Inhalten auf mobilen Geräten anbelangt. Im Video-Bereich ist der Begriff «Safe-Area» schon seit Jahrzehnten bekannt. Die «Safe-Area» war vor allem im Zeitalter der 4:3 Geräte ein Thema:

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Andreas_-horn-_Hornig

 

Wenn z.B. etwas im 4:3 gefilmt wird, kann es sein, dass es für einen 16:9-Bildschirm vergrössert wird, damit keine schwarzen Balken an den Seitenrändern des 16:9-Bildschirms erscheinen. Doch dies hat auch zur Folge, dass der obere und untere Bereich des 4:3 Bildes abgeschnitten werden. Die «Safe-Area» würde nun anzeigen, wo man in einem 4:3 Bild z.B. einen Text positionieren kann, damit der Text auch bei einer Vergrösserung des Bildes immer noch zu sehen ist. Vor einigen Jahren hätte man meinen können, dass sich bei Webvideos die Notwendigkeit von «Safe-Areas» erübrigt hat, da ja heutzutage alle Bildschirme problemlos Breitbildinhalte darstellen können, doch mit dem populär-gewordenen quadratischen Format, scheint es, als ob die «Safe-Area» ein «Comeback» feiert.

Das oben gezeigte Kochvideo wurde auch in einem offiziellen Beitrag auf der BuzzFeed Seite mittels Youtube eingebettet:

Das Video dauert 2:28 Minuten. Obwohl der Youtube-Player und Konsum von Youtube-Videos vor allem für das 16:9 Video-Seitenverhältnis ausgerichtet sind und obwohl das Video «im Original» mit der DSLR-Kamera in einem Breitbild-Modus gedreht wurde, macht das Youtube-Video erst in den ca. letzten 20 Sekunden Gebrauch von der ganzen 16:9-Bildfläche. Die «Hauptattraktion», das Kochvideo, wird auch auf einer Plattform, die für den 16:9-Konsum von Videos ausgerichtet ist, effektiv im quadratischen Seitenverhältnis belassen, indem die restliche Bildfläche mit weissem Hintergrund abgedeckt wurde. Das Gleiche gilt auch für viele der Videos auf BuzzFeed’s Rubrik-eigenen Website.

Es scheint, als ob die Videos primär für den Schnell-Konsum auf Facebook und Instagram optimiert sind und weniger auf die Ausnutzung der gestalterischen Möglichkeiten, die das 16:9-Breitbildformat anbietet. Facebook und Instagram beanspruchen damit eine spezifische Art des Videokonsums für sich und differenzieren sich damit vom Webvideo-Giganten Youtube. Dies ist äusserst interessant, im Hinblick auf die Entwicklungen im Bereich «Youtube-Video vs Facebook-Video», über die wir in den letzten Jahren berichtet haben:

Es scheint, als ob Seine Hoheit das quadratische Kochvideo dem Breitbild-Player der populärsten Videoplattform der Welt wenig Achtung schenkt.

 

Quelle: Instagram.com/buzzfeedtasty

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